Wilhelm von Humboldt          

1767 – 1835

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nr. 284 vom 11. Oktober 1832

 

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Und wenn der Geist dem Körper erst entschwebet,

hinaus in unbekannte Sphären schreitet,

es unzertrennlich ihn getreu begleitet,

ihm Licht anzündend, das nie Nacht umgrauet

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Nr. 304 vom 31. Oktober 1832

 

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Gefühl, Erinnerung, Gedanken, Traum,

was immer nur der Stunde Zufall spendet,...

 

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Wilhelm von Humboldt           Nr. 326 vom 22.November 1832

1767 – 1835

Sie knüpfte kühn Ideen schnell zusammen,

die blöderm Sinne liegen weit geschieden.

Bald trug sie in der Brust des Kindes Frieden,

bald auf sie wallte in empörten Flammen.

 

Gefühle, die aus tiefer Unschuld stammen,

uns hielten jugendlich vereint zufrieden.

In spätem Alter eher wir uns mieden,

doch kann nichts meine Treue drum verdammen.

 

In mir sie ewig hätte fest gewähret,

des Herzens Irrtum hätte ich genähret,

doch das Geschick schien mir sie zu entrücken.

 

Da fiel wie Schuppen es mir von den Blicken

und sonnenklar im Herzen ich erkannte,

daß sich ein Engel liebend zu mir wandte.

 

 

 

 

 

 

 

 

Wilhelm von Humboldt           Nr. 328 vom 23. November 1832

1767 – 1835

Man kann mit Steinen und mit Worten bauen.

Versucht ich habe beides zu erstreben.

Was wird mich nun am längsten überleben,

das was der Geist, das was die Augen schauen?

 

Ich möchte wohl dem letzteren mehr vertrauen,

und anspruchlos ihm auch den Vorzug geben.

Denn in dem Bau Gefühle sich verweben,

die Himmelsluft tief in die Seele tauen.

 

Des Lebens Bahn sieht man sich hier erschließen,

Das Haus eröffnet heimatlich die Schranken,

am Ziel des Grabes duftge Rosen sprießen,

 

Und darum überirdische Gedanken

sich in die Mauern, künftigen Geschlechtern

zu Wehmut und Genuß, noch spät verflechten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wilhelm von Humboldt           Nr. 351 vom 16. Dezember 1832

1767 – 1835

Als Form die Wörter knüpfete zusammen,

dem eingeschloßnen Sinne Schall zu geben,

mußt’, um des reichen Teppichs Stoff zu weben,

die ganzen Völker Schöpfungsgeist durchflammen.

 

Die Sprache kann nur von der Menschheit stammen.

Die Einzelnen sich später erst erheben,

dann ihre Namen hochgefeiert schweben,

wenn Völkerhaufen längst in Eins verschwammen.

 

Wie also wirken kann ein Stamm vereinet?

Wie kann aus vielen also sich entwinden,

was so greift ein in jegliches Empfinden,

 

Daß es nur eines Busens Blüte scheinet?

Darüber Licht die Liebe aus nur gießet,

die auch in Eins geschieden Wesen schließet